Stagnation und Aufbruch. Zur Zeitgeschichte der Versorgung psychisch erkrankter und geistig behinderter Menschen in Deutschland nach 1945

Stagnation und Aufbruch. Zur Zeitgeschichte der Versorgung psychisch erkrankter und geistig behinderter Menschen in Deutschland nach 1945

Organisatoren
Professur für die Geschichte des 19. bis 21. Jahrhunderts der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel / Institut für Medizingeschichte und Wissenschaftsforschung der Universität zu Lübeck
Ort
Lübeck
Land
Deutschland
Vom - Bis
04.11.2021 - 06.11.2021
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Von
Pia Schmüser, Historisches Seminar, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

In den letzten Jahren haben Bund und Länder immer mehr Forschungsprojekte zur Aufarbeitung von Gewalt, Leid und Unrecht in Einrichtungen der Psychiatrie und Behindertenhilfe in Deutschland in Auftrag gegeben. Zunehmend positionieren sich auch Betroffene in der Öffentlichkeit, die mediale Aufmerksamkeit für das Thema wächst, der Druck auf Politik und Wissenschaft steigt. Diese Ausgangslage benannten die Veranstalter:innen Cornelius Borck (Lübeck) und Gabriele Lingelbach (Kiel) in ihren einführenden Worten als Anlass für die mit dem Spannungsfeld „Stagnation und Aufbruch“ überschriebene Tagung zur Zeitgeschichte der Versorgung psychisch erkrankter und geistig behinderter Menschen. Borck und Lingelbach waren bzw. sind selbst federführend bei zwei entsprechenden schleswig-holsteinischen Landesstudien beteiligt; bereits im Juni 2021 wurde der Abschlussbericht zu einer Untersuchung von Medikamentenversuchen in Einrichtungen der Behindertenhilfe sowie Erwachsenen-, Kinder- und Jugendpsychiatrien veröffentlicht, die Publikation des Abschlussberichts zur Untersuchung von Leid und Unrecht in Einrichtungen der Behindertenhilfe sowie Kinder- und Jugendpsychiatrien erfolgte vor wenigen Tagen. (Beide Berichte sind online über die Homepages des Landes Schleswig-Holstein und der Universität zu Lübeck verfügbar.) Auch viele der geladenen Referent:innen arbeiteten bzw. arbeiten an ähnlichen Bundes-, Landes- oder Regionalstudien.

Ein zentrales Anliegen dieser Tagung und leitend für die Sektionskonzeption, so Borck und Lingelbach in ihrer Einführung, war die Zusammenführung dieser verschiedenen Expertisen unter anderem im Hinblick auf Möglichkeiten einer komparativen Perspektive, Fragen nach regionalen Unterschieden und nach institutionellen Spezifika. Zusammengeführt werden sollten daneben auch die Forschungscommunities der Medizingeschichte, der Disability History und der allgemeineren Zeitgeschichte, die laut Borck und Lingelbach trotz interdisziplinären Austausches vielfach noch eher getrennt forschten und von einem stärkeren Wechselbezug profitieren könnten. In den Blick nehmen sollte die Tagung Faktoren von Gewalt und Missbrauch in Psychiatrien und Einrichtungen der Behindertenhilfe, Handlungsspielräume verschiedener Akteur:innen, Erklärungsansätze für Kontinuitäten vom NS in die Nachkriegszeit und darüber hinaus, Dynamisierungsfaktoren sowie Möglichkeitsbedingungen für und spezifische Rhythmen von Wandel. Besonderes Augenmerk wollte man auch darauf legen, mit welchen Methoden und auf welcher Quellengrundlage Historiker:innen die Erfahrungen von Betroffenen rekonstruieren können.

Die erste Sektion der Tagung widmete sich der Rolle der Institutionen und dem Wandel von Autorität. THOMAS BEDDIES (Berlin) skizzierte zum Einstieg die Re- und Neuorganisation kinder- und jugendpsychiatrischer Versorgung in West- und Ost-Berlin von 1945 bis zum Beginn der 1960er-Jahre. Er beleuchtete dabei insbesondere den Kontrast von anhaltendem Ressourcenmangel und fehlender staatlicher Unterstützung einerseits und dem Engagement einzelner Expert:innen und Einrichtungsmitarbeiter:innen andererseits. Im Anschluss stellte FRANZ-WERNER KERSTING (Münster) das Wirken Hans Merguets (1892-1981) als Direktor der westfälischen Landesheilanstalt Lengerich vor. Kersting zeichnete hier sowohl Einflüsse von NS-Vokabular und -Perspektiven nach als auch Merguets bewusste Orientierung an Reformtraditionen vor 1933, nicht zuletzt auch als Ergebnis einer intensiven Auseinandersetzung Merguets mit öffentlicher Kritik am Psychiatriesystem. STEFANIE COCHÉ (Gießen) trug anschließend zur Kontinuität des Selbstverständnisses der psychiatrischen Profession in der Bundesrepublik über die zeitgeschichtliche Zäsur von 1945 hinaus vor. Abweichend zu zeitgenössisch dominanten Konzepten von ‚wissenschaftlicher Objektivität‘ und ‚geschultem Urteil‘ habe die Figur des ‚Kenners‘ im Mittelpunkt des psychiatrischen Selbstverständnisses gestanden, der sich mehr noch als durch fachliche Erfahrung über Charakterfestigkeit, Autorität und Intuition auszeichne. Coché stellte die These auf, dass Psychiater:innen mit diesem Selbstverständnis bspw. in Abgrenzung zur Neurologie erfolgreich eine eigene Nische im verwissenschaftlichten 20. Jahrhundert setzen und besetzen konnten. UWE KAMINSKY (Essen / Berlin) beschloss die Sektion mit Ausführungen zum Betheler Chefarzt Gerhard Schorsch (1900-1992) und seinem Wirken im NS und der frühen Bundesrepublik. Kaminsky plädierte für einen tiefergehenden und differenzierten Blick auf Kontinuitätslinien aus der NS-Zeit jenseits oberflächlicher Kriterien wie Parteimitgliedschaft und des Fortbestehens vermeintlich spezifisch biologistisch-rassistischer Perspektiven. Dies illustrierte er anhand von Schorschs Orientierung seines medizinischen Urteilens und Handelns an Kriterien wie Charakter, Vererbung und Arbeitsfähigkeit, auch im Kontext der auf Reduktion des Opferkreises ausgelegten Betheler Mitwirkungsbereitschaft bei der sogenannten ‚Euthanasie‘ bzw. der ‚Aktion T4‘.

VIOLA BALZ (Dresden / Berlin) eröffnete die zweite Sektion zu Psychopharmaka und ihrer Skandalisierung mit einem Vortrag zur Skandalisierung von Neuroleptika in der Bundesrepublik zwischen 1953 und 2020 und skizzierte dabei innerfachliche, juristische und öffentliche Debatten sowie Einflüsse des US-amerikanischen Diskurses. FRANK SPARING (Düsseldorf) stellte im Folgenden die Ergebnisse einer Studie zur Medikamentenvergabe und Medikamentenerprobung in kinder- und jugendpsychiatrischen Einrichtungen des Landschaftsverbandes Rheinland zwischen 1945 und 1975 vor. Die Ergebnisse wichen von dem von der Forschung konstatierten allgemeinen Trend eines zurückhaltenden Gebrauchs von Psychopharmaka in der Kinder- und Jugendpsychiatrie bis Mitte der 1970er-Jahre und einer steigenden Akzeptanz der Medikamentenvergabe vor allem ab Beginn der 1980er-Jahre ab: Im Rheinland habe man bereits früh und in hoher Dosierung auch Kindern und Jugendlichen Psychopharmaka verabreicht, diese Praxis in den 1960er-Jahren sogar noch ausgeweitet, bevor in den 1970er-Jahren und besonders in den 1980er-Jahren die Medikamentenvergabe zurückgegangen sei. Der anschließende Vortrag von JONATHAN HOLST (GIEßEN) widmete sich Skandalisierungen von Arzneimittelversuchen zwischen 1969 und 2016 und fragte dabei insbesondere auch nach ausgebliebenen Skandalen und den Bedingungen für Skandalisierungen unter Berücksichtigung verschiedener Akteursgruppen. Holst skizzierte, dass bereits in den 1960er- und 1970er-Jahren Arzneimittelversuche den Zeitgenossen bekannt gewesen und bspw. in der Ärzteschaft diskutiert worden seien, hier jedoch noch nicht als Skandalon sui generis verstanden, sondern in einen professionellen Generationenkonflikt eingebunden und entsprechend umgedeutet worden seien. Ab den 1980er-Jahren habe es selektive investigativ-journalistische Skandalisierungen zahlreicher Einzelfälle gegeben. Erst als sich ab 2010 Betroffene zunehmend als ‚Opfer‘ identifizieren, mobilisieren und medial positionieren konnten, sei es zu einer breiten Skandalisierung mit nachhaltigem öffentlichem Echo gekommen. Zum Schluss der Sektion warf VOLKER HESS (Berlin) Schlaglichter auf verschiedene Arzneimittelskandale und stellte Überlegungen zu einer möglichen Typologisierung an. Dabei fokussierte er Fragestellungen nach dem eigentlichen Skandalon, den beteiligten Akteuren, ausgeblendeten Umständen und Einbettungen in den jeweiligen zeithistorischen Kontext.

Mit einem Vortrag zur Medikalisierung von Epilepsie in Bethel nach 1945 eröffnete MAIKE ROTZOLL (Heidelberg) die dritte Sektion der Tagung zur Hospitalisierung psychischer Krankheit und Medikalisierung von Behinderung. Sie zeichnete am Beispiel von Kindern und Jugendlichen nach, wie sich durch Einzug neuer medizinischer Professionen in das Anstaltsgefüge ein Konflikt um die Selbstdeutung Bethels zwischen Heil- und Pflegeort oder Forschungs- und Therapieort entwickelt und wie sich dieser Konflikt in der Anstaltspraxis für Personal und Bewohner:innen ausgewirkt habe. Eine wichtige Bruchlinie sei hier zwischen dem Ambulanzbereich, in dem medizinisches Forschen und Heilen im Vordergrund gestanden habe, und den Langzeitbewohner:innen verlaufen, die im Bereich der Pflege und theologischen Betreuung von Leiden verortet worden seien. CHRISTINE HARTIG (Paderborn) stellte sodann die Ergebnisse einer Untersuchung der Kinder- und Jugendpsychiatrie Wunstorf zwischen 1950 und 1980 vor und betrachtete hier strukturelle Benachteiligungen durch die Diagnose einer ‚frühkindlichen Hirnschädigung‘. Sie konstatierte, dass die mit dieser Diagnose einhergehende Verringerung von Teilhabechancen zwar nicht explizit die Intention der beteiligten Akteursgruppen gewesen sei, aber Kinder- und Jugendpsychiatrien, Jugendämter und öffentliche Erziehungseinrichtungen zur Verbreitung dieser Diagnose beigetragen hätten, um verhaltensauffällige oder schwer erziehbare Kinder auf andere Institutionen auszulagern. Anschließend stellte GERDA ENGELBRACHT (Bremen) die eklatanten Missstände in niedersächsischen Einrichtungen der Behindertenhilfe und Psychiatrie dar, in denen auch Kinder und Jugendliche mit geistigen und psychischen Beeinträchtigungen aus Bremen untergebracht wurden, da Bremen als einziges Bundesland noch bis in die Mitte der 1970er-Jahre über keine entsprechenden Einrichtungen verfügte. NILS LÖFFELBEIN (Lübeck) betrachtete im Folgenden die Langzeitunterbringung von Minderjährigen mit geistigen Behinderungen im psychiatrischen Großkrankenhaus Schleswig-Hesterberg in der Zeit von 1975 bis 1990. Er beleuchtete institutionelle, gesellschaftliche und landespolitische Entwicklungen in Schleswig-Holstein, die auch nach der Veröffentlichung der Psychiatrie-Enquête – im Gegensatz zu vielen anderen Bundesländern – Reformen verhindert hätten.

HANS-WALTER SCHMUHL (Bielefeld) leitete die letzte Sektion der Tagung zu Zeugnissen der Gewalt als Spuren des Eigensinns mit methodologischen Überlegungen zur Analyse von Stationstagebüchern aus Einrichtungen der Behindertenhilfe ein. Schmuhl gab exemplarische Einblicke in diese spannende Quellengattung, deren einzigartige Perspektiven auf die Alltagsgeschichte von Bewohner:innen und Personal rege im Plenum diskutiert wurden. Ebenso tauschte man sich über verschiedene methodische Ansätze aus, um diese Quellen geschichtswissenschaftlich fruchtbar zu machen. CHRISTOF BEYER (Lübeck) referierte anschließend über die Patient:innenzeitung „Der Ausblick“ des Landeskrankenhauses Schleswig Anfang der 1980er-Jahre. Beyer skizzierte die Entstehung der Zeitung auf Initiative eines sozialpsychiatrisch engagierten Assistenzarztes hin, stellte Rubriken, Themen und Inhalte vor, die die Patientinn:en in ihre Zeitung aufnahmen, und beleuchtete Reaktionen von Seiten der Klinik(leitung) und der Öffentlichkeit. Der letzte Vortrag der Tagung von BURKHART BRÜCKNER (Krefeld) widmete sich Psychiatrieskandalen, Behandlungsprotesten und der Interessenvertretung von Betroffenen zwischen 1950 und 1970. Mit dem Plenum diskutierte Brückner hier besonders Beispiele für andere Formen der Interessenvertretung abseits der Vereinsorganisation und Fragen nach den Vorbedingungen für organisierte Interessenvertretung und Aktivismus.

Borck und Lingelbachs abschließender Feststellung zum Tagungsende, dass es sich um eine überaus ergiebige und anregende Veranstaltung gehandelt habe, würden sicherlich die meisten Tagungsteilnehmer:innen bedenkenlos zustimmen können. In der Tat zeichnete sich die Veranstaltung durch prompte, umfangreiche, beteiligungsstarke und vielstimmige Diskussionen zwischen den Vorträgen aus. Dies war sicherlich nicht nur dem wieder möglichen Präsenzsetting geschuldet, sondern kann auch maßgeblich auf den anregenden Input der Vorträge und die Plenumszusammensetzung zurückgeführt werden. Die Expertise zur (vorwiegend bundes)deutschen Geschichte der Psychiatrie und Behindertenhilfe hätte kaum geballter ausfallen können, auch war man mit der Forschungsarbeit der anderen Teilnehmer:innen wohl vertraut. Insgesamt profitierte die Tagung hiervon ganz eindeutig, selten und punktuell glitt die Diskussion vielleicht aber doch etwas zu sehr in Detailfragen bspw. nach institutionellen, biographischen oder diagnostischen Spezifika ab. Dies konnte jedoch stets schnell aufgefangen und oft auch wieder an übergeordnete Fragestellungen rückgebunden werden.

In den Vorträgen und insbesondere den Diskussionen kristallisierten sich dabei im Tagungsverlauf einige übergreifende Themen- und Fragekomplexe heraus. So wurde mehrfach der von der Forschung allgemein konstatierte Befund einer großen Kontinuität vom NS in die Nachkriegszeit und teils noch weit darüber hinaus aufgegriffen und dafür plädiert, diesen Befund noch mehr zu differenzieren im Hinblick auf ggf. unterschiedliche Kontinuitätslinien oder -brüche bei Infrastrukturen, Institutionen, Personal, Konzepten, Praktiken und Mentalitäten. Ausgehend von eindrücklichen Fallbeispielen in diversen Vorträgen wurde zudem durchgehend die Bedeutung regionaler Unterschiede und spezifischer, teils auch zueinander querliegender Rhythmen von Wandel und Stagnation diskutiert und insgesamt nachdrücklich für mehr Vergleichsstudien plädiert. Als teils noch auszugleichendes Forschungsdesiderat wurde dabei auch die Bedeutung der Finanzierung von Einrichtungen der Behindertenfürsorge und Psychiatrie herausgestellt, beispielsweise mit Blick auf Sparkurse in den Landespolitiken oder Spendeneinbrüche bei kirchlichen und privaten Einrichtungsträgern. Ebenso wurden vielfach Dynamisierungsfaktoren und Möglichkeitsbedingungen für Skandalisierungen, die Durchsetzungsfähigkeit von Interessenvertretung und Reformprozessen diskutiert, wobei auch gesondert die Gefahr anachronistischer, moralisierender oder teleologischer Forschungsnarrative besprochen wurde. Immer wieder thematisierten Vorträge und Diskussionen außerdem die definitorische Unschärfe zwischen geistiger Behinderung und psychischer Erkrankung, sowohl in zeitgenössischen Konzepten und Versorgungspraktiken, als auch in der Folge in der historischen Analyse. Auch besondere Anforderungen und potentielle Fallstricke von Aufarbeitungs- und Auftragsforschung sowie Herausforderungen von Oral History zum Einbezug von Betroffenenperspektiven wurden diskutiert. Zudem sah man vielfach Potenzial und Bedarf, in der Forschung zu Psychiatrie und Behindertenhilfe noch stärker Beziehungen und Wechselwirkungen von Einrichtungen und Außenwelt bzw. Gesellschaft zu fokussieren.

Mit diesen wesentlichen übergeordneten Erkenntnissen und Forderungen war die Tagung vielleicht nicht immer innovativ: So stehen Plädoyers nach mehr regionalen Vergleichsstudien und intensiverem interdisziplinären Austausch doch schon länger im Raum und werden regelmäßig auf Veranstaltungen zur Geschichte der Psychiatrie und Behindertenfürsorge formuliert. Auch hatte die Veranstaltung tendenziell eine leicht medizinhistorische Schlagseite – eine stärkere Berücksichtigung von Disability History-Perspektiven hätte sich als fruchtbar erweisen können. Ebenso hätte man auch die eindeutige Fokussierung auf Westdeutschland mithilfe eines deutsch-deutschen Blicks stärker hinterfragen können. Dennoch kann man den Veranstalter:innen Borck und Lingelbach in ihrem Fazit absolut zustimmen, dass die Hoffnung und Intention der Tagung erfüllt wurde: Es wurden nicht lediglich die Ergebnisse einzelner Auftragsstudien vorgestellt, vielmehr kam man, angeregt durch die vielfältigen und spannenden Vorträge, produktiv interdisziplinär und vergleichend ins Gespräch und bezog vielfach anknüpfend oder differenzierend Stellung zu Thesen der allgemeineren Zeitgeschichte. Nun bleibt zu hoffen, dass es nicht ‚nur‘ bei dem instruktiven Austausch auf der Veranstaltung bleibt, sondern dass sich insbesondere bspw. die Forderungen nach mehr Vergleichsperspektiven auch in das Forschungsdesign zukünftiger Arbeiten übersetzen, um systematisch regionale Unterschiede in quellengestützten Analysen zu erfassen und zu erklären.

Konferenzübersicht:

Cornelius Borck (Lübeck) / Gabriele Lingelbach (Kiel): Begrüßung und Einführung

Sektion 1 Die Rolle der Institution und der Wandel von Autorität
Moderation: Gabriele Lingelbach (Kiel)

Thomas Beddies (Berlin): Wiederaufbau ohne Erneuerung? Personen und Institutionen in der kinder- und jugendpsychiatrischen Versorgung Berlins nach 1945

Franz-Werner Kersting (Münster): Eine wenig beleuchtete Psychiater-Generation: Das Wirken des Lengericher Anstaltsleiters Hans Merguet im Zeichen von „Nachkrieg“ und „Reform vor der Reform“ (1949-1957)

Stefanie Coché (Gießen): Der Psychiater als „Kenner“: Charakterfestigkeit, Autorität und Intuition als Kernelemente des psychiatrischen Selbstverständnisses vor und nach 1945

Uwe Kaminsky (Essen / Berlin): Charakter und Vererbung – der Betheler Chefarzt Gerhard Schorsch (1900-1992) und sein Wirken im Nationalsozialismus und der frühen Bundesrepublik

Sektion 2 Psychopharmaka und ihre Skandalisierung
Moderation: Cornelius Borck (Lübeck)

Viola Balz (Dresden / Berlin): Neuroleptika und ihre Skandalisierung in der Bundesrepublik, 1953-2020

Frank Sparing (Düsseldorf): Medikamentenvergabe und Medikamentenerprobung in kinder- und jugendpsychiatrischen Einrichtungen des Landschaftsverbandes Rheinland 1945-1975

Jonathan Holst (Gießen): „Experiment gelungen, Patient tot“. Skandalisierungen von Arzneimittelversuchen, 1969-2016

Volker Hess (Berlin): Welcher Skandal? Ein zweiter Blick auf eine aktuelle Debatte

Sektion 3 Hospitalisierung psychischer Krankheit, Medikalisierung von Behinderung
Moderation: Philipp Osten (Hamburg)

Maike Rotzoll (Heidelberg): „Pflegen und Heilen, Forschen und Leiden“? Zur Medikalisierung von Epilepsie in Bethel nach 1945

Christine Hartig (Paderborn): Minimierung von Lebenschancen durch Diagnosebildung im Feld von Kinder- und Jugendpsychiatrie, Jugendämtern und Erziehungseinrichtungen am Beispiel der KJP Wunstorf (1950er-1970er Jahre)

Gerda Engelbracht (Bremen): Über-Leben in der „Sonderwelt“

Nils Löffelbein (Lübeck): Im „tote Winkel“ der Enquete – Langzeitunterbringung von Minderjährigen mit geistigen Behinderungen im psychiatrischen Großkrankenhaus Schleswig-Hesterberg 1975-1990

Sektion 4 Zeugnisse der Gewalt als Spuren des Eigensinns
Moderation: Bettina Hitzer (Dresden)

Hans-Walter Schmuhl (Bielefeld): „… hat heute seinen ‚Rebellentag‘ gehabt.“ Methodologische Überlegungen zur Auswertung von Stationstagebüchern aus der Behindertenhilfe

Christof Beyer (Lübeck): Sozialpsychiatrie des „Eigensinns“ – die Patient:innenzeitung „Der Ausblick“ des Landeskrankenhauses Schleswig 1980-1982

Burkhart Brückner (Krefeld): Psychiatrieskandale, Behandlungsproteste und Interessenvertretung von Betroffenen, ca. 1950-1970


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